Hinaus ins Weite
Königin Augusta von Preußen (1811-90), die Gemahlin König Wilhelms I. (1797-1888), hatte den Park am Rheinufer in den Jahren 1856 bis 1861 anlegen lassen, damit die Koblenzer in ihrer Freizeit vor ihrer zunehmend enger werdenden Stadt die Weite der Rheinlandschaft genießen konnten. 1865 stiftete die Königin den von General-Gartendirektor Peter-Joseph Lenné (1789-1866) gestalteten Park der Stadt Koblenz. Nachdem Augusta, die seit 1871 dank der Kaiserkrönung ihres Gemahls Kaiserin des Deutschen Reiches und preußische Königin war, verstorben war, gab die Stadt den Anlagen den Namen „Kaiserin-Augusta-Anlagen“.
Um 1900 begann die Erweiterung dieser Anlagen als Teil der Rheinanlagen bis zum Deutschen Eck. Trotz Kriegszerstörungen und modernen Umgestaltungen entfalten die Kaiserin-Augusta-Anlagen von der Pfaffendorfer Brücke den Rhein hinauf bis zur Rheinlache noch ihren Charme als Landschaftsgarten und laden zum Flanieren und Verweilen ein.
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Koblenz war Mitte des 19. Jahrhunderts stark von seinem Charakter als Festungsstadt geprägt. Da das Schussfeld der Festungswerke weitgehend frei bleiben musste und nur eine eingeschränkte Bebauung im Vorfeld der Stadtbefestigung erlaubt war, verdichteten sich die Wohnverhältnisse in der Stadt zunehmend. Königin Augusta wollte den Bewohnern der Stadt deshalb eine Möglichkeit schenken, in ihrer freien Zeit einen Ort der Weite und der Erholung zu genießen.
Seit dem späten 18. Jahrhunderts hatte sich bei den Bürgern das Spazierengehen als Freizeitbeschäftigung entwickelt. Koblenz besaß ab 1861 ein neues Ziel dafür. Ein Weg am Rheinufer mit einigen Seitenwegen erschloss den Park ab dem Tor der Rheinanschluss-Kaserne der Stadtbefestigung, die bis 1864 mit der Pfaffendorfer Brücke überbaut wurde. Gehölzgruppen, eine Platanenallee, Denkmäler, ein Laboratorium, die Trinkhalle sowie viele Ruhe- und Aussichtsplätze säumten die Wege bis zum Nachtigallental in Höhe des Oberwerths. Weiter im Süden lief der Park in das Laubachtal mit seiner Kaltwasserheilanstalt aus.
Der Blick der Spaziergänger schweifte über den Rhein mit seinem regen Schiffsverkehr und ging hinüber nach Ehrenbreitstein, Pfaffendorf und Horchheim sowie über die Mainzer Straße ins Vorfeld der Koblenzer Stadtbefestigung, das erst ab 1890 mit der Südlichen Vorstadt überbaut wurde. Seitdem säumen Villen die Kaiserin-Augusta-Anlagen.
Beim Wiederaufbau der Anlagen in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts gab ihnen der Koblenzer Gartenbaudirektor Hans-Wilhelm Mutzbauer einen offenen, demokratischen Charakter mit mehr Freiräumen und lockeren Gehölzgruppen. Als besonders prägendes Element steht noch die Allee mit den gut 160 Jahre alten Platanen. Die Trinkhalle, bei der Koblenzer Regimentskapellen aufspielten, man Bücher ausleihen und das Heilwasser „Emser Kränchen“ trinken konnte, wurde durch eine Konzertmuschel und das derzeit nicht betriebene „Café Rheinanlagen“ ersetzt.
Vom alten Inventar des Parks ist nur wenig erhalten. Prägend ist das 1896 eingeweihte Kaiserin-Augusta-Denkmal. Es zeigt die Stifterin als alte Dame, so wie die Koblenzer die Kaiserin in Erinnerung behalten hatten, die noch im hohen Alter gerne in Koblenz weilte. Bruno Schmitz, der auch das 1897 eingeweihte Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Deutschen Eck entworfen hatte, gestaltete das intimere und dennoch repräsentative Denkmal für die Kaiserin. Der Bildhauer Moest schuf die Statue.
Das Denkmal steht auf dem früheren Spielplatz der Prinzessin Luise, der Tochter Wilhelms und Augustas. Er soll Ausgangspunkt der Parkplanungen gewesen sein. Luise und ihr Bruder Friedrich (1888 war er Kaiser und König Friedrich III.) stifteten ihrer Mutter für diesen Ort den Luisen- oder Salvetempel. Dieses Werk der Sayner Hütte wurde ein Stück rheinabwärts an den Rand der Platanenallee versetzt.
In einem Bogen der Pfaffendorfer Brücke erinnert seit 1875 die Kaiserhalle daran, dass Kaiser Wilhelm I. und Kaiserin Augusta damals bereits 25 Jahre mit Koblenz verbunden waren. Wilhelm übernahm 1850 die Aufgabe des Militärgouverneurs des Rheinlands und Westfalens mit Dienstsitz in Koblenz. 1858 übernahm er die Regentschaft für seinen erkrankten Bruder König Friedrich Wilhelm IV., und 1861 folgte er ihm als König nach, doch zeit ihres Lebens blieben Wilhelm und Augusta Koblenz eng verbunden.
Am Anfang der Anlagen, nahe dem Weindorf und der Kaiserhalle, steht das Denkmal des Dichters Max von Schenkendorf (1781-1817), der im 19. Jahrhundert wegen seiner patriotischen Gedichte populär war. Das Denkmal gehörte schon 1861 zum Bestand des Parks, während dessen Planer Lenné erst später durch die Aufstellung einer Büste geehrt wurde.
Im Zuge der Bundesgartenschau 2011 in Koblenz wurden die Kaiserin-Augusta-Anlagen teilweise neu gestaltet. Den Wegebelag, der an eine wassergebundene Decke erinnert, ergänzen neue Sitzgruppen. Stählerne Rahmen greifen die Idee früherer Rahmen und Aussichtspunkte auf. Sie lenken den Blick auf den Rhein und laden dazu ein, ihn wie die Romantiker des 19. Jahrhunderts in der gerahmten Sicht wie ein Kunstwerk neu zu entdecken, das Natur und Menschen gestaltet haben.