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Denkmal des Monats September 2024

Wohnen auf ABruf

Die Rayon-Häuser in der Südlichen Vorstadt

Mit der Wiederentdeckung der Festungswerke seit den 1990er Jahren haben die Rayon-Häuser ihre historischen Bezüge zurückgewonnen. Sie entstanden ab der Mitte des 19. Jahrhunderts im Schussfeld der Festung, weil der Wohnraum innerhalb der Stadtbefestigung knapp geworden war. Es handelte sich um Häuser in Leichtbauweise. Diese Bauweise ermöglichte es, die Häuser im Kriegsfall schnell abzutragen, um das Schussfeld der Festung freizumachen.


Hohenzollernstraße 133
Hohenzollernstraße 133


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    In der Mainzer Vorstadt, wie der Bezirk im Vorfeld der Stadtbefestigung anfangs hieß, standen 1859 bereits 153 Häuser. Auf diesen Bereich hätten im Verteidigungsfall die Geschütze der Koblenzer Stadtbefestigung, des Forts Konstantin und der Feste Kaiser Alexander gezielt. Lützel lag zwischen der Feste Kaiser Franz und der Stadtbefestigung.

    Die Häuser im Schussfeld durften im Belagerungsfall beseitigt werden, damit ein Angreifer keine Deckung fand. Ihre Bauweise bestimmten das preußische Rayon-Regulativ von 1828 und des Reichs-Rayon-Gesetz von 1871. Das Schussfeld jedes einzelnen Festungswerkes war in drei Rayons (Bezirke) gegliedert. Im I. Rayon, der von den vordersten Linien der Festungswerke 600 m weit ins Vorfeld reichte, durften nur Holzbauten mit flachen Fundamenten stehen. Im II. Rayon, der die nächsten 375 Meter umfasste, waren Fachwerkbauten mit Ziegeldach, einem 31 Zentimeter hohen Fundament und einem balkengedeckten Keller erlaubt. Für den III. Rayon, der weitere 375 Meter umfasste, gab es keine Beschränkungen.

    Mainzer Straße 98
    Mainzer Straße 98

    Heute sind in der Südlichen Vorstadt nur Häuser des II. Rayons erhalten. Die in Fachwerk-Leichtbauweise errichteten Gebäude waren anfangs einfach gestaltet, wie Hohenzollernstraße 133 aus der Zeit um 1873 in der Vorstadt sowie Elisenstraße 1-9 und Antoniusstraße 16 in Lützel aus den späten 1880er Jahren. Das klassizistische Haus Mariahilfstraße 16 in Lützel stellt eine Ausnahme unter den frühen Rayon-Bauten dar. Einige der letzten Rayon-Häuser in der Vorstadt fielen stattlich aus: Schützenstraße 56, Mainzer Straße 128/130, Schenkendorfstraße 25 und das Landhaus Mainzer Straße 98. Sie entstanden, nachdem die Festung 1886 als minder wichtig erklärt worden war, kurz vor Aufgabe der Stadtbefestigung ab 1889/90.

    Heute erzählen die Rayon-Häuser davon, wie weit in der Festung Koblenz und Ehrenbreitstein die Vorbereitungen für den Verteidigungsfall ins Leben der Menschen eingegriffen haben.

    Der Bestand der Rayon-Häuser schwand durch Verfall und die Anlage der Südlichen Vorstadt als einer planmäßigen Stadterweiterung ab 1890. Weitere Verluste brachte ein Luftangriff am 19. Juli 1944, der auch die obere Hohenzollernstraße und die obere Mainzer Straße traf. Schließlich fielen noch einige Rayon-Häuser nach 1970 einer Begradigung der Fluchtlinien in der Hohenzollernstraße im Abschnitt zwischen Schenkendorfplatz und Anschützstraße zum Opfer, so auch das platzbildprägende Eckhaus zur Schenkendorfstraße. Die noch erhaltenen Einzeldenkmäler sind als Teil der preußischen Festungsstadt Koblenz umso bedeutender.

    Mariahilfstraße 16
    Mariahilfstraße 16